Wieso Pirat??

Es fällt mir nicht leicht meine Verwirrung zu verbergen und würde ich nicht immer noch meinen Helm tragen, hätte der Typ an meinem Gesichtsausdruck ganz sicher gesehen, dass hier etwas nicht stimmt.

In meinem Kopf ist Chaos .. wer ist der Kerl? .. wieso denk er, wir wollen Piraten werden? .. was hat das alles noch mit unserer Zielperson zu tun?
Regungslos schaue ich auf meine Stiefel, dann nicke ich.
„Wer schickt euch?“ fragt der Unbekannte und schaut mich von der Seite an. Der Name ‚Rocco‘ scheint ihm nicht fremd zu sein, denn er grinst blöd und drückt seine Verwunderung aus, dass ‚dieser Aluhut-Träger‘ überhaupt noch vor die Tür tritt. Offenkundig ist Roccos Paranoia patologisch.
„Und was bringt dich zu uns?“ – ich versuche die Stimmung etwas auf zu lockern mit einem blöden Witz und erwiedere: „Mein Raumschiff“ – allerdings scheint der Junge kein Spaß zu verstehen, denn ich ernte einen verächtlichen Blick, worauf hin ich den Verschluss meines Helmes öffne, ihn nach vorn ab streife, mit der anderen Hand die Gummibänder aus dem Haar ziehe die meine Ohren darunter verbergen und den Kerl direkt in die Augen starre, während sich durch das helle Licht meine Pupillen zu dünnen Schlitzen verengen: „Sagen wir es mal so, ich bin halt anders!“.

Er zuckt zusammen und es wäre Gelogen, wenn ich sagte, dass mir diese Reaktion fremd wäre. Der offenkundige Pirat wirkt nun nicht mehr so souverän wie noch vor wenigen Sekunden und ich nutze die Chance, gehe etwas näher an ihn heran, öffne etwas den Mund, damit er meine Reißzähne sehen kann und frage mit fester Stimme: „Kann ich nun Pirat werden – oder nicht?“
Sichtlich nervös erklärt er mir, dass ich erst beweißen müsste, dass ich das Zeug hätte um bei seinem Haufen mit zu machen – eine Aufnahmeprüfung bestehen quasi. Das verkompliziert natürlich alles ein wenig und birgt auch ein hohes Risiko. Plötzlich rafft sich der Kerl auf und sagt ich solle ihm folgen. Ein kurzer Blick zu Flummi und eine unauffällige Geste deuten den beiden, dass sie sich ab hier raus halten sollen. Routiniert setze ich mir den Helm wieder auf um mein Antlitz zu verbergen. Ein hörbares Zischen signalisiert mir, dass der Verschluss ein gerastet ist und im STatusdisplay tauchen meine Vitalwerte auf.

Wir nehmen die Metro zum Spaceport, die mal wieder völlig überfüllt ist. Man hört ja immer wieder, man soll sich in soclhen Situationen unauffälig verhalten, aber wie steht man unauffällig in einem Zug? Der Typ dreht sich zu mir und sagt, dass wir mein Schiff nehmen müssen, da seins zu auffällig wäre – ich nicke und denke Zeitgleich, ob meine Freelancer MIS da um so viel besser ist.
Am Spaceport an gekommen gehe ich auf direktem Wege zum Hangarterminal, während mein Begleiter ungeduldig an den Aufzügen wartet. Wenig später stehe ich wieder bei ihm und deute auf den Aufzug zu Hangar 3, wo meine Mustang Beta auf uns wartet – ich hielt die für unauffälliger.

Die Triebwerke starten und im MFD erscheint das Gesicht eines Mitarbeiters des Deckpersonals, der mir die Starterlaubnis erteilt. Auf dem Hangarboden sieht man wie das Licht von oben durch die sich öffnenden Tore fällt und den Raum flutet. Langsam steige ich senkrecht auf, bis wir draußen sind, ich das Fahrwerk einfahre und den Schubregler ganz nach vorn schiebe um mit maximaler Geschwindigkeit Richtung Südosten zu fliegen, so wie mir gesagt wurde.
Gerade als wir den Sicherheitsperimeter von Loreville verlassen haben, beugt sich mein Passagier von hinten über den Pilotensitz und gibt Koordinaten in den Bordcomputer ein. Augenblicklich erscheint ein NAV Point in meinem HUD und ich richte das Schiff neu aus.

Hurston ist sehr groß und wir waren recht lange unterwegs bevor wir das Ziel erreichten. Langsam nehme ich den Schub zurück und nähere mich dem alten Fabrikgebäude. Die Triebwerke wirbeln viel Staub auf bei der Landung und man kann kaum noch etwas sehen. Wir steigen aus und gehen ein paar Schritte als ich durch den sich langsam legenden Staub die Silhouetten von wenigstens 5 Leuten wahr nehme. Reflexartig ziehe ich meine P8 und halte sie im Anschlag, während mein Begleiter hastig herum läuft, mit den Armen fuchtelt und immer wieder ‚STOP!!‘ brüllt. Die Sicht klärt sich und ich sehe 8 Gewehrläufe die auf mich gerichtet sind. Mein Daumen drückt langsam den Sicherungshebel wieder nach unten und ich hebe vorsichtig meine Arme über den Kopf. Zwei von denen kommen auf mich zu und nehmen mir die Waffen ab – na die meisten jedenfalls – anschließend werde ich ins Innere des Komplexes geführt.
Eins steht schon mal fest, einen Preis für schöner Wohnen bekommen die hier nicht, alles wirkt sehr spartanisch und überall schaut der Rost durch. Man setzt mich an einen Tisch, gegenüber sitzt wohl der Anführer der Truppe – reine Spekulation natürlich, aber man kann so etwas wie Rangabzeichen erkennen, sehr profan, nur ein roter Totenschädel auf dem Brustpanzer, offenbar mit einem Lackstift oder etwas ähnlichem auf gemalt, darunter die Markierung die den Status zeigen soll. Mein Gegenüber trägt einen Stern, während der Rest der Bande nur ein bis vier kleine leere oder gefüllte Kreise an der Stelle hat. Der Typ aus Loreville flüstert eine weile mit seinem Anführer, wobei er mehrmals auf mich deutet und schließlich mit beiden Händen an seinem Kopf herum Gestikuliert, worauf hin mir gedeutet wird den Helm ab zu setzen. Als ich langsam den Helm ab nehme kann ich nicht verhindern innerlich zu lachen bei dem Gedanken, was und er getan hätte, wüsste er, dass ich auch noch einen Schwanz besitze.
Es gibt nichts das Erniedrigender ist, als wenn man wie eine Zirkusattratkion behandelt wird, mal ganz davon ab gesehen, dass ich es hasse, wenn man meine Ohren begrabscht. Vorteil der ganzen Aktion war, dass ich nun in diesem Schumrigen Licht viel besser sehen und so die Gesichter meiner Gastgeber erkennen konnte – mein „spezieller Freund“ ist aber nicht darunter.

Jemand brachte mir einen Kaffee – seltsam, aber irgend wie habe ich Rum erwartet – anschließend wurde ich mit fragen gelöchert. Das ganze war erstaunlich locker und versetzte mich in die Lage einige Informationen zu erhalten, die für mich wichtig sind. Offenbar bestreitet diese Gruppe ihren Lebensunterhalt hauptsächlich damit, Roherze zu klauen und diese dann zu rafinieren. Gängige Methoden der Beschaffung reichen von Betrug, über Manipulation von Versorgungswegen bis hin zu Überfällen auf Depots oder Miner. Als er stolz davon berichtete, dass sie unlängst eine Gruppe Miner aus geraubt hätten, die sogar noch so blöd gewesen wäre, sie dafür zu bezahlen, dass sie einen Piraten mit nehmen, der sie beklauen konnte, musste ich mich sehr stark zurück halten, dem Affen nicht an die Gurgel zu springen und ihm mit meinen Krallen den Kehlkopf aus dem Hals zu reißen – statt dessen lachte ich und drückte meinen Wunsch aus, dem „Genie“, das das fertig gebracht hat, gern die Hand zu schütteln.
„Später vielleicht!“ wurde mir gesagt, besagtes Mitglied ist gerade anderswo damit beschäftigt einen großen Coup zu planen. – Aber da war sie meine Spur die ich gesucht habe, jetzt muss ich ihr nur noch folgen.

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